Haushaltsrede 2021

Haushalt

Haushaltsrede 2021 Fraktion Die GRÜNEN - Liberales Bündnis für Herbolzheim

25. Januar 2021 um 14:02


Zum siebten Male legt nun unsere Fraktion ihren Standpunkt zum Haushalt der Stadt Herbolzheim dar.

Dies unter Krisenbedingungen einer Pandemie, welche nicht für möglich gehalten wurde und deren drastische Auswirkungen sich nicht zuletzt auch auf die Gemeinden der Bundesrepu-blik Deutschland auswirken:

  • Wirtschaftseinbruch
  • Verringertes Gewerbesteueraufkommen
  • Erhöhte finanzielle Anstrengungen
  • Vermehrter Verwaltungsaufwand zur Gesundheitsvorsorge
  • Erhebliche Kommunikationseinschränkungen …

 

und über allem hängt immer noch das Damoklesschwert des Klimawandels!

 

Diese Themen werden uns auch 2021 sehr beschäftigen, ob wir wollen oder nicht!

 

Kaum jemand stellt ernsthaft in Frage, dass die Corona-Pandemie unmittelbar auf unser Leben einwirkt und wir schon jetzt mit mittelbaren und tiefgreifenden Folgen konfrontiert sind. 

Wir müssen massive Anstrengungen auf uns nehmen, um das Schlimmste zu verhindern: 

Ein gesellschaftlicher Kraftakt, der uns jeden Tag die Verletzlichkeit unserer Systeme, viel-leicht aber auch Stärkepotentiale vor Augen führt!

 

Auch die Stadt Herbolzheim hat sich einiges zur Bewältigung der Corona-Krise einfallen lassen müssen (Ratssitzungen im „Corona-Format“, Trennung in Arbeitsgruppen z.B. beim Bauamt, veränderte Öffnungsmethoden im Rathaus, Quarantäneüberwachung usw.).

 

Leider ist die Corona-Pandemie nicht das einzige massive Problem – wir befinden uns aktuell wie oben schon erwähnt in einer (menschengemachten) Klimakrise. Diese Krise ist in ihrer Dimension die sie auf alle Menschen haben wird, auf eine andere Weise tückisch, weil sie die gewohnte Lebensqualität kommender Generationen bedroht.  

Wie reagieren wir hier nun in unserer Stadt darauf; welche Spuren hinterlassen diese Herausforderungen im Haushalt 2021?

 

Einer Aufzählung der Aufgaben für 2021, die Bürgermeister Gedemer am 29.12.2020 im Breisgauer Wochenbericht vorbringt, können die Bürgerinnen und Bürger u.a. entnehmen:




  • Abschluss energetische Sanierung Emil-Dörle-Schule
  • Infrastrukturarbeiten im Rahmen des Medienentwicklungsplanes
  • Abschluss Sanierung der Mehrzweckhalle in Wagenstadt 
  • Umbau des Schwimmbades
  • Projektierung von zentrumsnahem barrierefreiem bezahlbarem Wohnraum
  • Friedhofwegesanierung und Anlage von Grabfeldern
  • Beschaffung Fahrzeug mit Drehleiter für die Feuerwehr
  • Planung/Neubau Feuerwehrgerätehaus
  • Planung Sportstätten
  • Erschließung Gewerbepark Nord + Herrengüter III
  • Inbetriebnahme „Kita Fliederweg“
  • Mobilitätskonzept/Schulwegeplan
  • Klärung künftiger Trinkwasserversorgung
  • Konzept für die Erweiterung/Sanierung der Grundschulen in Wagenstadt und Herbolzheim 

 

Dies sind zweifelslos wichtige Projekte, die hier in unserer Kommune vorangetrieben werden! Wir brauchen aber auch eine Priorisierung eines Zielbereichs, der leider keinen Aufschub mehr gewährt: die künftige Umwelt-Situation!

 

Das Pariser Klimaschutzabkommen sieht eine Erderwärmung von 1,5 °C vor. In der Spanne von 1,5 – 2,0°C sind die Kipppunkte noch halbwegs beherrschbar. Derzeit - mit dem jetzigen Klimakurs - sind wir aber mindestens bei einer 3°-Steigerung.

 

Was hat das nun mit Herbolzheim zu tun?

Viel; denn der sparsame Verbrauch von Freiflächen, die Renaturierung von Gewässern oder eine konsequente Stabilisierung des Stadtklimas mit weiteren Baumpflanzungen wären Mosaiksteine im Kampf gegen den Klimawandel!

Stattdessen:

  • Eine Firma der Nachbargemeinde Ringsheim will sich erweitern. Die Erweiterung soll auf einer Grünfläche der Gemarkung von Herbolzheim liegend stattfinden, welche sich überdies teilweise in einer Grünzäsur (nicht zu überplanendes Gebiet) befindet.                              Die Ratsmehrheit entschied sich hierbei ganz im Sinne der Nachbargemeinde und des Unternehmens für weiteren Flächenverbrauch …
  • Es wurde unlängst der Antrag gestellt, dass Ausgleichsflächen des Grünordnungs-planes im Bereich von Gewerbegrundstücken zu PKW-Parkflächen umgewidmet werden sollen. Eine Mehrheit des Rates stimmte dafür …
  • Zur Bleiche-Renaturierung:                                                                                                        Seit Jahren setzen wir uns dafür ein, dass die Europäische Wasserrechtsrahmenricht-linie (vor über 20 Jahren festgelegt) auch auf Herbolzheimer Gebiet Anwendung findet. Für das Haushaltsjahr 2020 war hierfür ein Betrag von etwas weniger als einer halben Million Euro - welches zu einem Großteil aus Zuschussmitteln bestand - eingestellt. Geschehen ist bis heute nichts. Laut Auskunft der Stadtverwaltung gäbe es Abstimmungsschwierigkeiten mit Fachbehörden. Im Sommer könne man nicht im umgebenden Wald arbeiten und im Winter nicht im Bach. Man werde es aber 2021 wieder versuchen … 

Wie haben denn die Träger und Behörden bei der Renaturierung an der Elz zwischen Köndringen und Riegel, an der Dreisam vor Freiburg, an Kinzig, Glotter, Acher und Schutter das fertig gebracht? Unserer Meinung nach scheint hier auf beiden Seiten (Stadt und Behörden) beim Bleichprojekt, das in der Planung eher bescheiden angelegt ist, keine Eile vorzuliegen. Eine Fraktion unseres Gemeinderates wollte dieses Projekt, das 2020 nicht zustande kam, auch für 2021 aus dem Haushaltsplan streichen, um es zu vertagen. Mit den zwei anderen Fraktionen konnte dies abge-wendet werden. 

  • Großkronige Bäume auf dem Rathausvorplatz zu pflanzen, wäre enorm wichtig, um die Entstehung einer Hitzeinsel abzuwenden und um die Aufenthaltsqualität durch Kühleffekte zu gewährleisten.            

Eine Gemeinderatsmehrheit beschloss leider, dass dies erst nach einer unerklärlichen Erprobungsphase mit kleinkronigen Kübel-Bäumen geschehen soll. Unklar ist, was oder welcher Platz erprobt werden soll, da der größtenteils mit Leitungen belegte Rathausvorplatz nur zwei bis drei auskömmliche Standorte für einen großkronigen Baum aufweist.

 

Wir sollten nicht verdrängen, dass sich der Klimawandel jetzt schon in verschiedenen Facetten zeigt. Zum Beispiel durch Starkregen oder durch sehr lange Trockenphasen. 

Deshalb müssen jetzt Maßnahmen ergriffen werden, um uns vor den damit verbundenen Folgen zu schützen.

Das grundsätzliche Problem lautet: der Mensch nimmt mehr von der Natur als er gibt und zerstört damit voraussichtlich seine eigenen Lebensgrundlagen! 

 

Es ist vollkommen nachvollziehbar, dass große Teile der Bevölkerung, besonders die Jugend verärgert sind, über halbherzige oder gar keine Entscheidungen zur Umweltmisere. Dass es ihnen zu langsam geht mit den Entscheidungen und ihrer Umsetzung in Anbetracht des Ausmaßes, welches vor allem die Wissenschaft eindringlich beschreibt. Uns/mir geht es nicht anders!



Wir sind jedoch davon überzeugt, dass unser pluralistisches System Menschen mit unterschiedlichen Überzeugungen zusammenführt, um die Probleme zu debattieren und Entscheidungen nach ihren Erfordernissen abzuwägen.

 

Auch hierfür gibt es Beispiele:

  • Dieser Gemeinderat hat sich dazu entschlossen, im Rahmen des GVV eine Fachkraft für Klimaschutzmaßnahmen einzustellen. Diese soll sich in naher Zukunft in und um Herbolzheim der Energieeinsparung und Emissionsreduktion widmen.
  • Der Gemeinderat hat im Vorgriff beschlossen, die Möglichkeiten solarthermischer Erwärmung und alternative Betreibermodelle für Verbundwärmesysteme zu prüfen.
  • Die Stadt will in 2021 Anreize zur Sonnenenergieeinspeisung zum Eigenverbrauch und damit zur Entlastung der CO² Emission sowie zum nachhaltigeren Abwasser-management setzen.
  • Lobenswerterweise hat eine andere Fraktion den Antrag für ein „grünes Band um Herbolzheim herum“ eingebracht. 

 

Auch diese Liste hätte noch Erweiterungspotential und so ist es wichtig, eine Priorisierung der wesentlichen zu erreichenden Ziele zu formulieren. Nach unserer Auffassung braucht es hierfür Visionen, wie sich die Dinge in Herbolzheim binnen zehn oder zwanzig Jahren entwickeln sollen. Devise: Wohin soll die Reise gehen?

Es ist sicher erklärter Wille aller Fraktionen und auch der Verwaltung, sich dem Thema „Klimawandel“ vorrangig zu widmen. Im Ergebnis wird dies auch Auswirkungen auf die kommunalen Finanzströme haben. Unser Ziel muss dabei sein, die natürlichen Lebens-grundlagen zu erhalten – oder noch besser: auszubauen.

 

Das schaffen wir aber nur, wenn wir uns auf Schwerpunkte für die zukünftige Entwicklung von Herbolzheim einigen. Wenn wir alle Themen gleichgewichtig nebeneinander verfolgen, kann uns die Luft zur Zukunftsgestaltung ausgehen. Zukunftsfragen müssen beantwortet werden. Zentral geht es darum, welche Zielschwerpunkte werden präferiert, welche eher hintenangestellt oder fallen gelassen werden müssen. Dann klären sich auch maßgebliche Fragen wie:

 

  • Soll Herbolzheim sich mehr verschulden und mit kostspieligen Projekten heute die Zukunftsgestaltung von morgen einschränken?
  • Welchen Stellenwert geben wir dem Umweltschutz?
  • Welchen Stellenwert räumen wir frühkindlicher und schulischer Infrastruktur ein? 
  • Wieviel Gebäudebestand benötigt eine Kommune wie Herbolzheim?
  • Bestehen über die kommunale Daseinsfürsorge hinausgehende Objekte?

 

Im Vorfeld dieses Haushaltes für 2021 haben wir lange debattiert. Innerhalb der eigenen Fraktion, aber auch mit anderen Fraktionen. Hier durften wir erleben, dass es besonders unter den verschiedenen Fraktionen eine große Bereitschaft gab, produktiv aufeinander zuzugehen. Die Verwaltung hat sich redlich bemüht, die Veränderungen die sich aus diesen Beratungen ergab, in den Haushalt einzubinden. 

Deshalb stimmt unsere Fraktion diesem Haushalt auch zu.

 

Wohl noch nie waren die Haushaltsplanungen mit so großen Unsicherheiten behaftet, wie für das Jahr 2021. Mit diesen Ungewissheiten müssen wir unter Berücksichtigung der Priorisierungspunkte das kommende Jahr zum Wohle der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürgern gestalten.

 

Im Anbetracht des vergangenen Jahres haben wir uns entschlossen anstatt Grüße im neuen Jahr zu benennen für dieses Jahr Wünsche aussprechen:


Mögen wir alle verschont bleiben von den Taten der weiblichen, männlichen oder anders definierten.............

Rassisten, Terroristen, Extremisten, Nationalisten, Faschisten, Radikalen, Fanatikern, Hass- und Glaubenskriegern, Verschwörern, Wunderheilern und Despoten.

Damit uns das gelingt, müssen wir wachsam sein und alle gemeinsam die Ärmel hochkrempeln - jeden Tag. 



Dieter Böcherer

Fraktionsvorsitzender 

Die Grünen - Liberales Bündnis für Herbolzheim 

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